Um was geht es?
Die „Corona-Kurzarbeit“ stellt eine neue erleichterte Form der Kurzarbeit dar und kann vorläufig für 6 Monate beantragt werden. Die Ziele der Maßnahme sind die Sicherung der Arbeitsplätze, darunter besonders bewährte Fachkräfte zu schützen und die Liquidität für Unternehmer zu erhalten.
Die Corona-Kurzarbeit ist für alle Unternehmen unabhängig von der jeweiligen Betriebsgröße oder Branche möglich. Auch für Arbeitgeber, die nicht wirtschaftskammerzugehörig sind, wie zB. Ärzte oder Rechtsanwälte haben Anspruch darauf. Die jeweilige Gewerkschaft hat aber der Vereinbarung zuzustimmen, ansonsten genügt die Zustimmung auf Arbeitnehmerseite. Arbeitskräfteüberlasser sind ebenso förderbar, wie NGOs oder Vereine. Nicht förderbar sind insolvente Unternehmen, Gebietskörperschaften, juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie politische Parteien. Ausländische Arbeitgeber ohne Standort in Österreich sind nicht förderbar, auch, wenn Arbeitnehmer in Österreich versichert sind.
Für die Kurzarbeit kommen grundsätzlich alle Dienstnehmer in Frage. Mitglieder des geschäftsführenden Organs sind förderbar, wenn sie ASVG-versichert sind. Lehrlinge sind durch die Neuerung nun auch förderbar, sie können ohne Gehaltseinbußen die Kurzarbeit antreten und auch die Lehrzeit verlängert sich dadurch nicht. Freie Dienstnehmer sind nur förderbar, wenn eine monatliche Normalarbeitszeit dargestellt werden kann. Nicht umfasst sind Geringfügig Beschäftigte, Beamte Einpersonenunternehmer und Gesellschafter-Geschäftsführer.
Die dazugehörende Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes tritt rückwirkend ab 1.3.2020 in Kraft. Der Antrag kann jederzeit ohne Frist eingebracht werden.
Kurzer Überblick:
- Kurzarbeit ist die vorübergehende Herabsetzung der Normalarbeitszeit und des Arbeitsentgelts wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten.
- In Kurzarbeit verringern Beschäftigte ihre Arbeitszeit um bis zu 90% und erhalten dennoch den Großteil ihres Entgelts weiter.
- Der Arbeitgeber erhält vom AMS eine Beihilfe, die den Großteil der Mehrkosten deckt. Das AMS ersetzt dem Arbeitgeber gemäß den Pauschalsätzen die Kosten für Ausfallstunden.
Wie kommt man zu Kurzarbeit?
Folgende Schritte müssen befolgt werden, um Kurzarbeit im Unternehmen zu integrieren:
- Umgehende Verständigung des AMS auf elektronischem oder telefonischem Weg
- Falls vorhanden: Gespräche mit dem Betriebsrat
- Folgende Dokumente ausfüllen / Vereinbarungen abschließen:
Betriebsvereinbarung/Einzelvereinbarung (Muster auf wko.at/corona)
AMS-Antragsformular (Corona)
Begründung über wirtschaftliche Schwierigkeit (Hinweis auf Corona genügt)
- Dokument dem AMS senden
- Sozialpartner unterschreiben binnen 48 Stunden
- Rückmeldung des AMS
Das AMS benötigt folgende Informationen für eine rasche Antragsstellung:
- Genauer Beschäftigungsstand
- Geplante Dauer der Kurzarbeit
- Anzahl der betroffenen Mitarbeiter/-innen
- Durchschnittliches Einkommen in der jeweiligen Erwerbsgruppe
- Geplante Arbeitszeitreduktion
Eckdaten und erweiterte Information:
Die gesamte Arbeitszeit kann im Durchrechnungszeitraum um maximal 90 % reduziert werden. Auch längere Zeiträume, in denen die Wochenarbeitszeit auf 0 Stunden reduziert wird, können vereinbart werden. Beispielsweise könnte in einem 6 Wochen Zeitraum, in der ersten oder letzten Woche 60 % gearbeitet werden und in den restlichen 5 Wochen 0 %. Der Durchrechnungszeitraum ist dabei immer so lang, wie der jeweilige Kurzarbeitszeitraum. Die Normalarbeitszeit kann während der Kurzarbeit mit Informationspflicht an die Sozialpartner im Einvernehmen mit den Arbeitnehmern verändert werden.
Es kommt zu einer gestaffelten-Nettolohngarantie. Das bedeutet, dass die Normalarbeitszeit der letzten 13-Wochen/3 Monate inkl. Zulagen und Zuschläge vor Kurzarbeit heranzuziehen ist. Die Arbeitnehmer erhalten dann folgenden Gehalt/Lohn:
- Über 2.685 € brutto – 80% Nettolohn
- 2.685 und 1.700 € brutto — 85% Nettolohn
- Unter 1.700 € brutto – 90% Nettolohn
- Lehrlingsentschädigung — 100% Entgelt
Online-Rechner des AMS: https://www.ams.at/unternehmen/personalsicherung-und-fruehwarnsystem/kurzarbeit/rechner-fuer-kurzarbeit#vorarlberg
Die Kurzarbeitsbeihilfe wird in Pauschalsätzen je Ausfallstunde gewährt. Die Pauschalsätze stellen darauf ab, der Dienstgeberin/dem Dienstgeber die Arbeitskosten für die wegen Kurzarbeit entstehenden Ausfallstunden als Kurzarbeitsbeihilfe abzugelten: jeweiliger Pauschalsatz mal Anzahl der Ausfallstunden. In den Pauschalsätzen sind die Sozialversicherungsbeiträge ebenso enthalten wie alle sonstigen lohnbezogenen Dienstgeberabgaben.
Das AMS übernimmt bei Corona-Kurzarbeit bereits ab dem 1. Monat der Kurzarbeit den ergänzenden Teilbetrag für erhöhte Aufwendungen (die erhöhten Dienstgeberbeiträge auf Grund der Beitragsgrundlage vor Kurzarbeit) zur Sozialversicherung (DG-SV). Dienstnehmeranteile werden jedoch nicht übernommen.
Die Arbeitnehmer/-innen können in Abstimmung mit Arbeitgeber/-innen, wenn möglich den gesamten Urlaubsanspruch vergangener Urlaubsjahre und ihr gesamtes Zeitguthaben verbrauchen. Der Urlaubsanspruch kann auch eingefroren werden und an einem späteren Zeitpunkt konsumiert werden.
Nach den ersten 3 Monaten der Kurzarbeit, sollten weitere 3 Wochen Urlaubsanspruch konsumiert werden. Das jeweilige Urlaubsentgelt bemisst sich dabei an dem Entgelt vor Kurzarbeit und ist von den Arbeitgebern zu bezahlen. Die Arbeitnehmer können nicht zum Urlaubsverbrauch verpflichtet werden, der Arbeitgeber muss dementsprechend auf dem Antragsformular des AMS angeben, dass er sich ernstlich bemüht hat, den Alt-Urlaub bzw. Zeitguthaben der Arbeitnehmer zu verbrauchen, diese aber nicht zugestimmt haben.
Die Sozialpartner haben zur Beschleunigung des Prozesses zugesagt, dass ab Abschluss der Gespräche auf betrieblicher Ebene (Betriebsvereinbarung/Einzelvereinbarung) eine dementsprechende Sozialpartnervereinbarung innerhalb von 48 Stunden ermöglicht wird.
Die Förderung wird zunächst für 3 Monate gewährt, danach kann sie bei Bedarf auf maximal 6 Monate (3+3 Monate) verlängert werden. Verlängerungen um weitere 3 Monate, sind bis längestens 30.9.2020 möglich.
Kündigungen während der Kurzarbeit sind nicht gestattet. Es besteht eine Behaltepflicht (= grundsätzlich Kündigungsverbot) nach der Kurzarbeit für 1 Monat. Ausnahmen sind möglich.
Für Urlaubs- sowie Krankenstandszeiten gebührt volles Entgelt. Überstunden sind in Ausnahmefällen mit Zuschlag möglich.
Gleitzeitvereinbarungen sind während der Kurzarbeit zu adaptieren oder auszusetzen.
Das Pendlerpauschale steht auch bei vorübergehender Kurzarbeit, Telearbeit oder Dienstverhinderung iZm COVID-19 ungekürzt weiterhin zu.
Während eines Krankenstandes gebührt dem Arbeitnehmer das Krankenentgelt auf Basis des Ausfallsprinzip, der Arbeitgeber erhält für diese Bezüge die Kurzarbeitsbeihilfe des AMS weiter. ACHTUNG: Bei Vorliegen eines Arbeitsunfalls (auch im Homeoffice) wird keine Kurzarbeitsbeihilfe des AMS gewährt!
Überstunden können in den Sozialpartnervereinbarungen zugelassen werden. aber ACHTUNG: geleistete Überstunden sind von der Summe der Ausfallstunden abzuziehen und verringern dadurch die Kurzarbeitsbeihilfe!
Kündigung und Neueinstellung während der Kurzarbeit
Mit neu eingetretenen Arbeitnehmern kann ebenfalls Kurzarbeit vereinbart werden. Die neuen Mitarbeiter können jedoch nicht verpflichtet werden. WICHTIG: Bevor der neue eingestellte Arbeitnehmer Kurzarbeit in Anspruch nehmen kann, muss er einen Monat lang voll entlohnt werden.
Eine Kündigung während der Kurzarbeit ist grundsätzlich nicht möglich, lediglich im Ausnahmefall lässt sich ein Arbeitnehmer mit der Zustimmung des AMS kündigen. Unberechtigte Entlassungen könnten als Umgehung der Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes anzusehen sein. Kündigungen und Austritte von Seiten der Arbeitnehmer sind demgegenüber jedoch unerheblich.
Falls nur ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt wird und ein anderer Teil normal weiterarbeitet, ist dies dem AMS objektiv zu begründen und rechtfertigen. Gerade einen Teil der Belegschaft zu kündigen und den anderen Teil in Kurzarbeit zu senden wird, nur in extremen Ausnahmenmöglichkeiten möglich sein. Es dürfen nicht willkürlich einzelne Arbeitnehmer ausgenommen werden. Als Kanzlei raten wir ihnen mit dem AMS zu besprechen wie einzelne Gruppen objektiv abgesondert werden können, zB. zwei Mitarbeiter die Kundenkontakt hätten, werden in Kurzarbeit gesendet und zwei weitere Mitarbeiter in derselben Abteilung haben keinen Kundenkontakt und können im Home-Office weiterarbeiten. Es ist somit gestattet auch nur einzelne Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken.
Alternativen zur Kurzarbeit:
- Befristete Arbeitszeitreduktion ohne Förderkriterien
- Verbrauch von Urlaub/Zeitguthaben (eventuell unbezahlter Urlaub)
- Vereinbarung von Bildungskarenz/Elternkarenz
- Kündigung von Arbeitsverhältnissen
- Aussetzungsvereinbarungen
Vor-/Nachteile der Kurzarbeit:
Vorteile |
Nachteile |
Erhalt von Mitarbeitern |
Erhöhte Kosten im Vergleich zur Kündigung auf Dauer gesehen |
Keine Kündigungsanfechtungen wegen Sozialwidrigkeit etc. |
Während der Kurzarbeit kaum Kündigungsmöglichkeiten |
Schnelles reagieren möglich |
Versteckte Kosten bei Sonderzahlungen etc. da vom Gehalt/Lohn VOR Kurzarbeit gerechnet wird |
Kombination mit Überbrückungsgeld |
Unabsehbarkeit der Krise |
Kein Gerichturteil notwendig zb. Bei Kündigung von begünstigt behinderten Personen |
Längere Wartezeiten sind möglich |
Keine Rückforderungen |
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Rückabwicklung bisheriger einvernehmlicher Auflösung:
Es ist möglich, die bisherige Auflösung eines Dienstverhältnisses einvernehmlich zurückzunehmen und auf ein Kurzarbeitszeitmodell umzustellen. Es müssen immer auch die Arbeitnehmer damit einverstanden sein. Die Arbeitnehmer, die schon einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt haben, müssen dem AMS Bescheid geben, dass eine Rückabwicklung der Verrechnung von Arbeitslosengeld erfolgen kann.
Wenn ein Betrieb seine Mitarbeiter abgemeldet hat, jetzt aber rückwirkend auf das Kurzarbeitsmodell umsteigen will, dann sollen die Mitarbeiter nicht wieder rückwirkend angemeldet werden. Dies würde automatisch eine Sanktion wegen verspäteter Anmeldung auslösen. Stattdessen sollte die Abmeldung besser storniert werden.
Vorzeitige Beendigung
Kurzarbeit kann vorzeitig beendet werden, dies vor allem in dem Fall, bei dem es zu einer Aufhebung der COVID-19-Maßnahmen kommt und ein Vollbetrieb wieder möglich ist. Noch gibt es dazu keine offiziellen Informationen.
Fazit und Handlungsempfehlung:
Egal ob Groß- oder Kleinbetrieb, jeder hat für sich selbst abzuwägen, was für oder gegen Kurzarbeit spricht. So wird Betrieben, in denen Mitarbeiter austauschbar sind und denen es wirtschaftlich (abgesehen von der Coronakrise) nicht so gut geht, eher zu raten sein, eine Kündigung mit oder ohne Wiedereinstellungsvereinbarung oder Aussetzungsvereinbarung anzudenken. Wichtig jedoch ist, nicht voreilig zu handeln und damit nach der Krise drohende Gerichtsverfahren zu provozieren. Die Kurzarbeit ist eine erste Alternative der Regierung, die möglichst unbürokratisch funktionieren sollte, jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von heute auf morgen durch das AMS umgesetzt werden kann, da der Andrang zu groß ist. Trotzdem ist es eine Möglichkeit, Mitarbeiter im Unternehmen zu erhalten, ohne die kompletten Lohnkosten in dieser krisengebeutelten Zeit zu übernehmen.